Andacht zur Jahreslosung 2024
„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“, schrieb der Apostel Paulus etwa 50 n. Chr. den Korinthern. Die griechische Stadt Korinth war damals eine Weltstadt, in der viele Menschen unterschiedlicher Kulturen und Mentalitäten auf einander prallten.
So geschah es auch in der dortigen frühchristlichen Gemeinde zu Korinth, in welcher oft und viel gestritten wurde. Überliefert ist der Streit ums Abendmahl: Wer ist zugelassen, wie und in welcher Form wird es gefeiert? In Korinth ereignete sich vieles nicht in Liebe und in Respekt, sondern es ging hart zur Sache. Die kleine christliche Gemeinde war ein Spiegelbild der lebendigen Hafenstadt Korinth, in der es für die damaligen Zeit hektisch und aufgeregt zuging.
Hektisch und aufgeregt sind auch die Zeiten heute: Immer mehr an Digitalisierung prägt unser Leben. Viele Zeitgenossen meinen wohl nicht ganz zu Unrecht, dass es immer anonymer zugehe. Wir unterhalten uns mit Computern, wenn beispielsweise telefonisch eine Auskunft erbitten. Viele Kontakte mit Institutionen oder Behörden empfinden wir daher als unpersönlich und manchmal wenig respektvoll.
Nicht nur hektisch und spannungsgeladen ist unsere Welt, sie bleibt zerrissen und aggressiv, gar unerlöst und gar „von allen guten Geistern verlassen“. Uns bereiten die Konfliktherde, die anhaltenden Kriege in der Ukraine und Israel/ Gaza, große Sorgen! Wie leicht könnte der Funke schnell auf andere Länder überspringen.
Aber auch in unserer Gesellschaft werden oft Ellenbogen eingesetzt, da wird heftig um soziale Teilhabe und Recht gestritten. Vieles geschieht nicht in Liebe, sondern aus einem Interessenskonflikt heraus, eben in Formen harter Auseinandersetzungen, denken wir beispielsweise an den aktuellen Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn.
Im Großen wie im Kleinen: Einander liebevoll zu begegnen, kann nicht befohlen werden. So sind unsere Sympathien ungleich verteilt. Im engsten Familienkreis einander zu lieben und sich liebevoll zu begegnen, mag noch klappen. Schon bei tagtäglichen Begegnungen mit anderen Mitmenschen wird es schwierig. Mit einigen Nachbarn, die tagtäglich die Einfahrt zuparken und ansonsten nicht gerade höflich sind, ist es schon herausfordernd. Mit dem ewig schimpfenden und nörgelnden Kollegen bei der Arbeit ist noch schwieriger. Menschen, die eine „negative Energie“ ausstrahlen, meiden wir. Und wie kann ich Menschen lieben, die uns so fern sind.
Auch wenn ich es jeden Tag versuche, jeden Menschen als von Gott geliebt anzuschauen, begegne ich nicht jedem Menschen in der gebotenen Liebe. Vielen Mitmenschen treten wir mit großer Skepsis und Distanz gegenüber. So ein weites Herz, allen und jedem respekt- und liebevoll jederzeit zu begegnen, besitzen wir nicht.
„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ Was bedeuten die Worte des Paulus für unser Leben? Sie bedeuten nicht, allem Streit aus dem Weg zu gehen und Auseinandersetzungen zu vermeiden. Meinungsverschiedenheiten sind normal. Es ist auch natürlich, dass Menschen unterschiedliche Interessen haben. Konflikte müssen ausgetragen werden. Aber es sollte immer respektvoll und fair zugehen.
Um unsere menschlichen Schwächen zu überwinden, brauchen wir die Verbindung zu Jesus. Menschen brauchen die Verbindung zu dieser Liebe, um eigene Schwächen zu überwinden, um auch unter Druck standhalten zu können und um liebevoll füreinander da sein zu können.
In unglaublicher Geduld und Nachsicht begegnete Jesus seinen Mitmenschen. Von seinem Weg der Liebe ließ sich der Mann aus Nazareth nicht abbringen. Er machte seinen Zuhörern immer wieder klar, dass jeder Mensch von Gottes Liebe getragen wird. Das Gebot der Nächstenliebe stellte er in die Mitte seiner Verkündigung.
Paulus hat das Evangelium Jesu im hohen Lied der Liebe (1. Kor. 13) aufgenommen. Im Brief an die Korinther hat er die Liebe eingehend beschrieben als sanftmütig und ehrlich, nicht nachtragend und ohne falsch. Ja, die Liebe Gottes ist ewig und unerschütterlich.
Ich wünsche Ihnen von Herzen für das neue Jahr 2024, dass Sie die Liebe Gottes als eine Kraftquelle für ihr Leben erfahren.
Gott stärke Sie in allem, was Sie an Schwerem zu tragen haben – auch durch liebevolle Menschen an Ihrer Seite. Helfe Gott Ihnen, was Sie tun, in Liebe zu tun!
Möge für Sie so 2024 ein Jahr der Liebe werden und für diese Welt ein Jahr auf dem Weg zum Frieden! Amen.
Karsten Matthis, Pfarrer